Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Frau Stadtkämmerin,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
Eigentlich würde hier heute unser Fraktionsvorsitzender Marius Herwig stehen, aber er erwartet sein erstes Kind. Lieber Marius, wir wünschen Euch alles Glück der Welt.
die Situation, in der wir den Haushalt für 2022 beschließen, ist auch in diesem Jahr alles andere als normal. Der Rat tagt immer noch nicht wieder im Festsaal, sondern in der Halle Münsterland, in der Innenstadt gilt eine Maskenpflicht und auf dem FMO landen Intensivpatient*innen aus anderen Bundesländern. Während in Teilen Deutschlands die Inzidenzzahlen durch die Decke gehen und die Intensivstationen voll sind, kommt Münster mal wieder vergleichsweise glimpflich durch die Welle. Es ist mir Anliegen an dieser Stelle der Verwaltung für das Krisenmanagement, aber ganz besonders den Menschen in dieser Stadt für die gelebte Solidarität, nichts anderes ist die vorbildliche Impfquote, meinen Dank aussprechen.
Ein Haushalt ist immer von äußeren Einflüssen geprägt und so ist auch dieser Haushalt – wie schon der letzte - im Besonderen durch die Pandemiesituation beeinflusst. Aber auch abseits von Corona ist die Zeit des bedenkenlosen Geldausgebens in dieser Stadt vorbei.
Als Koalition übernehmen wir in dieser Lage und mit diesem Haushalt finanzpolitische Verantwortung. Wir setzen Prioritäten und üben auf der Ausgabenseite Verzicht. Ich weiß, dass das aus fachpolitischer Sicht oder mit Blick auf den eigenen Wahlkreis oder Stadtbezirk mitunter eine schmerzhafte Zumutung ist, aber leider ist es notwendig. Die Haushaltssicherung kratzt an der Tür. Wir wollen, dass diese Tür geschlossen bleibt. Ganz anders die Partei, die traditionell für sich in Anspruch nimmt, die der finanzpolitischen Verantwortung zu sein. Während die Münster-Koalition mit der bereits angeführten konsequenten Schwerpunktsetzung im konsumtiven Bereich bei einer Haushaltsmehrbelastung von gut 5 Millionen Euro über die nächsten 4 Jahre auskommt, schlägt der Haushalt der CDU hier mit sage und schreibe knapp 20 Millionen Euro zu buche. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, das hat nichts mit verantwortungsvoller Politik zu tun - das ist ein haushaltspolitisches Himmelfahrtskommando, dass uns direkt in die Haushaltssicherung führt und deshalb ist es gut für Münster, dass Sie in dieser Stadt in der Opposition sitzen!
Mit diesem Haushalt steht fest: Die Parteien der haushaltspolitischen Verantwortung sind jetzt SPD, Grüne und Volt.
Ein realistisches Investitionsprogramm ist uns dabei ein wichtiges Anliegen. Aufbauend auf die von Frau Zeller eingeführten Dezernatsbudgets bringen wir deshalb in dieser Ratssitzung einen Ratsantrag auf den Weg, der vorschreibt, dass in das Investitionsprogramm nur noch Projekte aufgenommen werden, die auch mit einer realistischen Kostenschätzung unterlegt sind. Ein Investitionsprogramm, das das Machbare abbildet, sorgt für mehr Transparenz und ist ehrlicher. Zum einen gegenüber den Bürger*innen, aber auch ehrlicher gegenüber uns selbst, denn keinem ist mit Luftnummern geholfen.
Es wird künftig nicht mehr möglich sein, einfach mal pi mal Daumen ein paar Milliönchen in den Haushalt einzustellen. Man braucht ein Konzept und eine realistische Kostenschätzung. Die erwarten wir insbesondere im Baubereich und bei den viel diskutierten Leuchttürmen - zum Beispiel dem MusikCampus: Als SPD haben wir immer gesagt, dass wir für Investitionen im Kulturbereich gerne bereit sind - mehr noch, dass diese dringend notwendig sind, aber, Herr Lewe, wir sind nicht bereit, Ihnen einen Freifahrtschein zu erteilen. Seit Unterzeichnung des Letter of Intent im Jahr 2016, also vor immerhin 5 Jahren, haben Sie es nicht geschafft mehr als eine vage Kostenschätzung vorzulegen, die mit jedem Mal steigt, bei dem man danach fragt. Erst waren es 60 Millionen, dann 90, inzwischen über 100 Millionen Euro. In jedem Wahlkampf wird das Projekt - verbunden mit blumigen Ankündigungen - aus der Schublade geholt und ebenso schnell verschwindet es am Ende des Wahlkampfs wieder und wird weiter auf die lange Bank geschoben. Das können wir auch gerade wieder beobachten: Kaum steht eine Landtagswahl vor der Tür, erscheint am Horizont wieder eine Beschlussvorlage. Dabei fehlt bisher jedes Bekenntnis von Land und Bund, das über den Landesbau Musikhochschule hinausgeht. Sie lassen sich mit Frau Scharrenbach und Frau Pfeiffer-Poensgen ablichten, aber konkret messbar kommt nichts dabei herum. Nur wenige Monate später sät die bisherige Kulturstaatsministerin Monika Grütters weiter Zweifel am Projekt: Während Sie, mit der Hoffnung auf hohe Fördersummen, von einem deutschlandweit einmaligen Projekt sprechen und Frau Grütters sogar zum Neujahrsempfang einladen, ist es für die bisherige Kulturstaatsministerin “ein regionales Projekt, wie es einige in Deutschland gibt” und auch ihre Kämmerin Frau Zeller machte unlängst klar, dass der MusikCampus als add-on im städtischen Haushalt nicht zu haben sei. Durch Hände schütteln wird sich der MusikCampus nicht finanzieren. Sie müssen in der von Ihnen geplanten Vorlage zur Februarsitzung endlich Zahlen, Daten und Fakten vorlegen, die dem Teil des Rates, der haushaltspolitische Verantwortung für diese Stadt übernimmt, eine faktenbasierte Entscheidung ermöglichen. Gerade Betriebsmodell und Betriebskosten sind dabei neben einem handfesten Konzept die entscheidenden Größen. Herr Oberbürgermeister, Ihre Parteikollegin hat den ersten Sargnagel des Projekts frei Haus geliefert. Sie haben das Projekt zur Chefsache gemacht. Es liegt an Ihnen.
Bei unserer Schwerpunktsetzung im Haushalt ging es uns allen voran darum die jungen Menschen in den Blick zu nehmen, die in den letzten zwei Jahren eigentlich Undenkbares durchgemacht haben. Wechselunterricht, Homeschooling, Maske auf - Maske ab - Maske freiwillig wieder auf. Schülerinnen und Schüler sind dank einem unsäglichen ZickZack-Kurs der Landesregierung zum Spielball dieser Pandemie geworden. Es ist gut, dass inzwischen alle verstanden haben, wie wichtig ist es, dass Schüler*innen unter größtmöglichem Schutz in Präsenz in die Schule gehen können. Wir als Koalition haben dabei immer im engen Dialog mit den Schulen nach Mitteln und Wegen gesucht, wie wir sie bestmöglich unterstützen können. Deshalb haben wir noch im laufenden Jahr den Schulen, die sie benötigen zusätzliche Luftfilter bereitgestellt und deshalb haben wir im letzten Jahr bereits einen großen Schritt bei der Digitalisierung gemacht und 6 Millionen Euro für zusätzliche digitale Endgeräte zur Verfügung gestellt. Und diesen Weg setzen wir konsequent fort. Mit weiteren 1,5 Millionen Euro in diesem Haushalt für Endgeräte, Ladeschränke und Co. Das Ziel ist klar: perspektivisch muss jede Schülerin und jeder Schüler in dieser Stadt ein digitales Endgerät zur Verfügung haben, denn die Ergänzung des Unterrichts um digitale Angebot und Inhalte wird auch abseits von Corona ein wichtiger Bestandteil eines modernen Unterrichts sein.
Aber so wichtig und hilfreich eine moderne Ausstattung der Schulen auch ist: Pandemie und geschlossene Schulen lassen sich nicht durch ein neues iPad wieder wett machen. Schülerinnen und Schüler brauchen ganz konkrete Unterstützung und Begleitung.
Schon vor der Pandemie war es uns deshalb wichtig, dass den Schüler*innen an allen Schulen ein Schulsozialarbeiter oder eine Schulsozialarbeiterin zur Verfügung steht. Ich freue mich, dass wir an diesem Ziel mit dem zweiten Haushalt der Münster-Koalition einen Haken machen können.
Eine Gruppe, für die die Pandemie eine besondere Herausforderung ist, sind die wohnungslosen Menschen in unserer Stadt. Die altbekannten Anlaufstellen und Angebote sind zum Teil weggebrochen oder stark reduziert. Grundsätzlich ist klar, dass es unser Bestreben sein muss, Obdachlosigkeit zu verhindern bevor sie entsteht und den Menschen eine Perspektive zu geben, wieder von der Straße wegzukommen. Dabei dürfen wir aber niemals die tatsächliche Hilfe in der konkreten Situation vergessen. Daher bin ich froh, dass es uns nicht nur gelungen ist, über den Winter den Tagesaufenthalt in der ehemaligen Wartburgschule offen zu halten, sondern dass wir jetzt zum einen die Bischoff Hermann Stiftung so ausstatten, dass sie die Öffnungszeiten der Obdachlosenunterkunft im ehemaligen Huk-Gebäude erweitern kann und zum anderen 50.000 € zur Weiterentwicklung der Wohnungslosenhilfe in Münster bereitstellen. Insgesamt ist es uns gelungen 500.000 Euro mehr für soziale Belange in dieser Stadt in den Haushalt einzustellen.
Eine weitere Priorität unserer Politik ist die Umsetzung der längst überfälligen Verkehrswende in Münster. Während der Oberbürgermeister und die Herren Landräte sich noch mit parteipolitischen Kampagnen und Panikmache beschäftigen und das CDU-Märchen von der unerreichbaren Stadt Münster weiterspinnen, probiert seine Verwaltung konkrete Maßnahmen in Verkehrsversuchen aus. Wir als SPD unterstützen das ausdrücklich. Unser gemeinsames Ziel ist es, die Alternativen zum Auto zu stärken. Ich freue mich deshalb, dass wir in der Verwaltung weitere Stellen schaffen, die den Auftrag haben, die ÖPNV-Verbindungen mit dem Umland zu verbessern. Nur ein ÖPNV, der schnell, verlässlich und günstig ist, kann den Menschen eine attraktive Alternative zum Auto bieten. Und damit ist auch klar: Als SPD werden wir, allen Widerständen zum Trotz, - da können Sie sicher sein - weiter für unser Versprechen eines 365 €-Tickets streiten.
Insgesamt zeigt sich, dass es – auch, wenn gespart werden muss – wichtig ist, wer diesen Haushalt gestaltet. Denn nur so können wir von einem kleineren Projekt wie dem Quartierstreff in Berg Fidel hin zu größeren Projekten wie der Stärkung des Kommunalen Ordnungsdienstes, unterstützen.
Zum Ende möchte ich mich bedanken. Mein Dank gilt den anderen Fraktionen für die, in der Regel, sachliche Haushaltsberatung in den Ausschüssen. Ein besonderer Dank geht aber auch an die Verwaltung, die mit ihrer wieder einmal guten Aufbereitung der politischen Anträge die Beratung des Haushalts deutlich vereinfacht hat.
Ich danke für die Aufmerksamkeit, und wünsche Ihnen und uns allen nach diesem turbulenten Jahr mit zwei Haushaltsberatungen eine ruhige und besinnliche Weihnachtspause.